Den eigenen Gesellschaftsvertrag nicht vernachlässigen!

Gesellschafter vernachlässigen bei Gründung häufig ihren Gesellschaftsvertrag. Unzureichende oder fehlende Regelungen im Gesellschaftsvertrag führen jedoch nicht selten zu Streitigkeiten, die schlimmstenfalls auch den Fortbestand der Gesellschaft gefährden können. 

So kann etwa das Fehlen einer Einziehungsregelung nach § 34 Abs. 1 GmbHG dazu führen, dass bei Tod eines GmbH-Gesellschafters die Gesellschaft mit dem oder den Erben fortgesetzt werden muss, auch wenn dies im Einzelfall z. B. wg. fehlender Qualifikation oder Interesse der Erben von den verbleibenden Gesellschaftern gar nicht gewünscht wird. Auch das Ausscheiden eines Gesellschafters kann zu erheblichen Problemen führen, wenn im Gesellschaftsvertrag keine oder nur unzureichende Regelungen zu den Modalitäten von Kündigung und Ausscheiden enthalten sind. Häufig sind auch die Abfindungsregelungen unzureichend oder gar unzulässig. So sieht die Rechtsprechung sog. Buchwertklausel, die die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters allein zum Buchwert vorsehen, dann als nicht bindend an, wenn der Verkehrswert des Gesellschaftsanteils zum Zeitpunkt des Ausscheidens erheblich über den Buchwert liegt und der geringe Abfindungsbetrag der Stellung und Bedeutung des ausscheidenden Gesellschafters nicht gerecht wird. Soweit die Klausel nicht bereits als sittenwidrig anzusehen ist, ist sie nach der Rechtsprechung so anzupassen, dass eine angemessene Abfindung zu zahlen ist, wobei z. B. die Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, der Beitrag des Gesellschafters zum Unternehmenserfolg, der Anlass des Ausscheidens sowie die Zumutbarkeit der Abfindung für das Unternehmen zu berücksichtigen sind (BGH Urt. v. 29.04.2014, Az. II ZR 216/13). Besteht bereits bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages ein grobes Missverhältnis zwischen dem vereinbarten Abfindungsanspruch und dem Verkehrswert, ist die Abfindungsklausel sittenwidrig und damit nichtig. Rechtsfolge ist dann, dass die Abfindungsklausel keine Wirkung entfaltet und der ausscheidende Gesellschafter als Abfindung einen Betrag in Höhe des vollen Verkehrswertes seines Anteils verlangen kann. Um Überraschungen z.B. bei der Rechtsnachfolge oder Ausscheiden eines Gesellschafters zu vermeiden, sollten die betreffenden Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag rechtzeitig daraufhin überprüft werden, ob sie den Anforderungen der Rechtsprechung genügen und den Vorstellungen der Gesellschafter entsprechen. 

November 2018

Dr. Björn Schreier
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

 

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